Vermutlich bereits vor dem Jahr 1457 gab es in Furth eine Bruderschaft, die den Hl. Sebastian sehr verehrte.
Eine an den alten Zehenthof des Stiftes Göttweig angrenzende, dem Hl. Wolfgang geweihte Kapelle, diente der Bruderschaft als Gotteshaus. Für deren Entstehung liegen keine Dokumente auf.
Die Laienbewegung nannte sich in ihren Statuten, die 1494 erstmals erstellt wurden, "Sebastianibruderschaft". Mitglieder waren Geistliche (vor allem aus dem nahen Stift Göttweig), Adelige, Kaufleute, Bürger und Bauern. Auch Frauen waren in dieser frommen Laienbruderschaft gerne gesehen. Das Stift Göttweig war immer in dominanter Position in der Bruderschaft vertreten.
Solche Bruderschaften waren Gebetsgemeinschaften, deren Mitglieder füreinander über den Tod hinaus beteten. Das sicherte dem Einzelnen sozusagen Gnaden bei Gott, etwas, das für die damalige Zeit ungeheuer wichtig war: quasi wie eine Garantie für den Himmel, für die Erlösung.
Durch verschiedene Grundschenkungen und Geldgeschenke wuchs das Vermögen der Bruderschaft beträchtlich an.
In der Reformationszeit verlor die Bruderschaft an Bedeutung. Der Grundbesitz blieb allerdings erhalten.
Als im Stift Göttweig sich alles aufzulösen begann, und die Besitzungen des Stiftes mehr und mehr verpfändet wurden, fürchtete man, dass auch die Besitzungen der Bruderschaft wegen der engen Verflechtung mit dem Stift verloren gehen könnten.
1547 wurde deshalb der Besitz der Bruderschaft dem Gemeindebesitz einverleibt und die Bruderschaft aufgelöst.
Ein großer Teil der Ortsbewohner bzw. der Pfarrangehörigen der Pfarre Mautern wechselte in dieser Zeit zu den Protestanten. Man befürchtete nun die totale Abwendung der Bevölkerung vom katholischen Glauben.
Aus diesem Grunde wurde im Jahr 1585 die Sebastianibruderschaft neu gegründet und der Besitz rückgeführt.
Mitglieder waren diesmal wieder Angehörige aller Bevölkerungsschichten:
Personen, die dem Stift nahe standen (Prior, Patres, Angestellte des Stiftes, Angehörige der amtierenden Äbte), aber auch Bürgerinnen und Bürger aus Furth und Umgebung, sowie "Ausländer" (aus Böhmen, Ungarn, Bayern, der Schweiz).
Durch das Wirken der Bruderschaft wurden viele Menschen wieder katholisch. Es gab aber auch viele, die aus religiösen Gründen abwanderten; ihren Grundbesitz mussten sie allerdings vorher weit unter dem Wert verkaufen. In den Wirrnissen der Gegenreformation gelang es auch vielen Bürgern unterer Schichten durch Heirat in den Adelsstand zu kommen und so in der Gesellschaft aufzusteigen.
Vermutlich durch die Mithilfe des Stiftes Göttweig wurde bei Papst Gregor XV. im Jahr 1623 eine päpstliche Ablassbulle erwirkt, die den Mitgliedern der Bruderschaft unter bestimmten Voraussetzungen den Erlass der zeitlichen Sündenstrafen gewährte. Der Ablasshandel setzte allerdings schon vor der päpstlichen Ablassbulle ein. Man konnte durch eine bestimmte Geldzahlung den Ablass für eine bestimmte Zeit (1 Jahr) erwerben. Diese Praktik sollte den Kirchenbau von 1614 bis 1618 unterstützen und auch die in den folgenden Jahren erfolgte weitere Ausstattung der Kirche finanzieren helfen.
Nach dem Bekanntwerden der Ablassbulle strömten viele neue Mitglieder in die Bruderschaft, vor allem die Zahl der Frauen wurde immer größer.
1627 wurden viele protestantische Stände entmachtet und die Prediger und Schulmeister vertrieben. Es kam zu Massenkonversionen zum katholischen Glauben.
Die Gründe für den Eintritt in die Bruderschaft waren zu dieser Zeit entweder aufrichtige Frömmigkeit oder abergläubische Furcht.
Volksfrömmigkeit und Aberglauben waren manchmal nahe beieinander. Es kam zu sonderbaren Praktiken und zu Auswüchsen: Das soziale Engagement für Bedürftige nahm immer mehr ab. Was zählte, waren nur noch Äußerlichkeiten (prächtige Gewänder und große Aufwendungen für besondere Gottesdienste). Die Mitgliedsbeiträge wurden auch nach dem Tod der Mitglieder von den Angehörigen weiter an die Bruderschaft einbezahlt. Auch Minderjährige wurden aufgenommen, obwohl in den Statuten das Mindestalter mit 20 Jahren angegeben war. Sogar posthum wurden noch Mitgliedschaften eingetragen. Auch Personen, die kurz vor ihrem Tod standen oder aufgrund eines Verbrechens zum Tod verurteilt waren, wurden aufgenommen, um sie noch in den Genuss des Ablasses kommen zu lassen. Das machte eine Reform nötig.
Am 11.10.1783 wurde die Sebastianibruderschaft von Kaiser Joseph II. aufgelöst. Das verbleibende Vermögen wurde der neu gegründeten Pfarre zugeführt um damit ihre Errichtung zu finanzieren.
Quellen:
P. Fux OSB, Ildefons: „Geschichte der Pfarre Furth“, in: Marktgemeinde Furth bei Göttweig (Hrsg.): Heimatbuch der Marktgemeinde Furth bei Göttweig, Eigenverlag der Marktgemeinde Furth bei Göttweig, 1985